Bericht: Ein Wochenende voller Höhen und Tiefen

Was Lisa Bleil bei der NaturFreunde-Fortbildung Routenbau gelernt hat

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„Hat super viel Spaß gemacht“, „viel dazu gelernt“, „am Rande des Nervenzusammenbruchs“, „sinnvoll investierte Lebenszeit“ – das waren nur einige Statements in der Feedbackrunde am Ende dieser Bergsport-Fortbildung der NaturFreunde Deutschlands. Aber es war wirklich alles dabei. Ein Wochenende voller Höhen und Tiefen, zumindest für mich.

Die Fortbildung Routenbau im oberfränkischen Selb (ein Fotoalbum auf flickr findest du hier) startete am Freitagabend des letzten Aprilwochenendes. Los ging es mit einem Theorieteil rund um das Thema Sicherheit im Routenbau und worauf es beim Schrauben von Routen im Allgemeinen zu achten gilt. Somit hatten am Ende des Abends alle Teilnehmenden bereits eine ungefähre Idee einer neuen Kletterroute und vielleicht auch schon eine Linie im Blick, an der man ab Samstag tätig werden wollte.

Alle Griffe gereinigt und sortiert in Kisten

Elf Sicherungslinien waren im Vorfeld von allen vorhandenen Griffen befreit worden, so dass maximaler Spielraum entstand für Kreativität und neue Routen. Blau, weiß und rot fand man nun nicht mehr an der Wand, denn all diese Griffe hatten die fleißigen Helfer*innen des Alpenvereins Selb bereits ausgeschraubt, gereinigt und sortiert in Kisten wieder mitgebracht. Der Praxisteil konnte also beginnen.

Die elf Kursteilnehmende hatten nun den Auftrag, jeweils eine leichte, eine mittelschwere und – je nach persönlichem Gusto – eine schwere Route zu schrauben.

Am Samstag und Sonntag wurde also geschraubt und geklettert, was das Zeug hält. Bereits am ersten Tag entstanden 14 neue Routen, sieben weitere durften am zweiten Tag vollendet werden. Die effizientesten Schrauber*innen begannen sogar noch am Sonntagmorgen mit ihrer dritten Route, so dass am Ende des Wochenendes insgesamt 30 neue Routen die Wände der Selber Kletterhalle schmückten.

Freude über die Vollendung der ersten eigenen Route

Die Teilnehmer*innen kletterten auch die anderen neu entstandenen Routen und jede*r durfte seine Bewertung abgeben, so dass sich ein buntes Potpourri an Meinungen ergab, was den Schwierigkeitsgrad der neuen Werke betraf.

Zwischendurch gab es auch Hochgefühle aufgrund der eigenen Leistung: Freude über die Vollendung der ersten eigenen Route. Überraschung, dass das, was man da in die Wand gezaubert hat, auch tatsächlich kletterbar ist. Anpassungen, die den Schwierigkeitsgrad „entschärften“. Denn wie wir alle feststellen durften: Es ist nicht schwer, eine schwere Route zu schrauben. Es ist viel schwerer, eine leichte Route zu schrauben.

Doch auch Tiefpunkte zeichneten sich ab, vor allem an den Linien im Überhang bei der zweiten Route, spät am Samstagnachmittag. Das viele Klettern und Ausprobieren der anderen Routen, doch vor allem das Schrauben der eigenen ersten Route, hatte sehr viel Energie und Kraft gekostet. Wir wollten ja schließlich sicher gehen, dass jeder Zug auch machbar ist und sind somit unsere eigene Route wahrscheinlich schon zehn Mal auf und ab geklettert, bevor sie fertig war.

Nervenzusammenbruch im überhängenden Gelände

Der erfahrene Routenbauer, so haben wir uns sagen lassen, schraubt einfach einen Griff dahin, wo er es für sinnvoll hält, und macht weiter. Wesentlich energieeffizienter, aber für mich als Neuling erschien das nicht sonderlich realistisch. Dachte ich. 

Denn als mir die Kraft ausging und ich dem Nervenzusammenbruch nahe war und unfassbar bereute, mich auf eine Route im teilweise überhängenden Gelände eingelassen zu haben, da übernahm ich genau diese Einstellung. Hier kommt ein Griff hin, Punkt. Wird schon gehen. Keine Kraft den Zug noch einmal auszuprobieren, lieber erstmal oben ankommen. Fertig werden.

Und so wurde mit ein bisschen Unterstützung und dem einen oder anderen Tipp der Trainer auch meine Route fertig. Vielen Dank an dieser Stelle nochmal an Klaus Rübensal und Sven Dreß, die sich gut um uns Teilnehmende gekümmert haben und mit Rat und Tat zur Seite standen. Ob es nur fehlendes Material war, dass sie uns nach oben schickten, oder selbst die Wand erklommen, um die Lage aus nächster Nähe zu begutachten.

Mein Fazit: ein voller Erfolg. Neben den Kursinhalten, dem Hintergrundwissen rund um die Logistik und der Sicherheit im Routenbau tatsächlich selbst mit all dem Material die Wand zu erobern, hat richtig Spaß gemacht. 

Auch wenn es zwischendurch schwierig war – Krisenbewältigung und persönliche Weiterentwicklung gab es gratis on top: Man lernt nichts Neues, wenn man sich nicht aus der Komfortzone herauswagt.

Lisa Bleil
NaturFreunde Kirchenlamitz

> Zum Fotoalbum der Fortbildung auf flickr